IMG_4794

Ich war heute Morgen bei einem Arzt. Kennt ihr das, euch wie ein Verbrecher zu fühlen wenn ihr zum Arzt geht, der dieser wichtigen Person und auch seinen viel ernsthafter erkrankten Mitmenschen die kostbare Zeit stiehlt? Ich hab das jedenfalls schon häufig erlebt: beim Arzt und genauso beim einkaufen etc. – schon die Vorzimmerdame meiner Hausärztin schaut mich jedes mal mit einem so gequälten Gesichtsausdruck an, als würde sie denken: „Ach ne, jetzt nicht auch noch die.“
Nach so einem Besuch muss ich mich immer erstmal erholen und wieder zu mir finden.

Der Arzt heute war ganz anders. Auf Augenhöhe hat er mich ernst genommen, wertschätzen behandelt, sich Zeit genommen, mir alles so genau wie möglich in einfachen Worten erklärt. Er hat sogar erzählt dass bei einem Medikament verschiedene medizinische Studien zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen sind und mir eine mündige Entscheidung zugetraut.

Aus diesem Termin bin ich beschwingt herausgegangen, habe im Treppenhaus der Putzkraft mit einem Lächeln einen Guten Morgen gewünscht und mich auch später nicht so leicht aus meiner Kraft und Ruhe bringen lassen. Dieser Mann hat mir durch seine Haltung so viel Wertschätzung entgegengebracht, dass es sich nachhaltig auf meinen Tag ausgewirkt hat.

Wie viel Einfluß haben wir auf die Menschen denen wir begegnen, und die, aus welchem Grund auch immer, auf uns angewiesen sind – und sei es nur, weil wir ihnen die Brötchen für ihr Frühstück verkaufen. Wir bestimmen mit, wie sie sich fühlen und wie sie dann wieder mit anderen Menschen, denen sie begegnen, umgehen.

Ich wünsche mir so sehr, mit gutem Beispiel voran zu gehen und meine Mitmenschen wirklich wahr- und ernst zu nehmen. So oft kriege ich das nicht hin, spule nur halbherzige Höflichkeitsfloskeln ab. Dieser Arzt hat mich wirklich motiviert, meinen Mitmenschen wieder bewusster und wertschätzender zu begegnen. Die Auswirkungen können so groß sein!

2 Antworten

  1. Wie wahr! Danke, liebe Anna! Danke, dass du daran erinnerst, was für einen gewaltigen Einfluss (und damit auch eine Verantwortung!) wir haben.

    Das erinnert mich an ein Zitat von Parker Palmer:

    „Jeder, der atmet, „führt“ jeden Tag viele Male. Wir führen durch Gesten, von Lächeln bis Stirunrunzeln; durch Worte, von Segen bis Fluch; durch Entscheidungen, die zwischen Vertrauen und Furcht liegen … Wenn ich mich weigere, mich als Führungspersönlichkeit zu sehen, dann geschieht dies weder aus Bescheidenheit noch aus klarem Realitätssinn … Ich bin verantwortlich für meinen Einfluss auf diese Welt, ob ich es akzeptiere oder nicht.Was braucht es also, um als Führungspersönlichkeit zu gelten? Ein Mensch zu sein und präsent zu sein. Solange ich lebe, egal, was ich tue, führe ich – wohl oder übel. Und, wenn ich das sagen darf, Sie ebenso.“

    Herzliche Grüsse, Sonja

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert